Kolumne «Südostschweiz», 27. Mai 2022, von Nico Schottelius, Vorstandsmitglied Grüne Kanton Glarus

Digitalisierung. Spätestens seit dieser Landsgemeinde wissen wir alle, worum es geht. Oder auch nicht. Eins oder null halt, ganz digital. Gesetz zur digitalen Verwaltung hin oder her, wo stehen wir eigentlich heute im Kanton Glarus? Ein Blick auf die Gemeindewebseiten und die des Kantons: Dokumente? Findet man. Anfragen per Formular oder E-Mail? Vorhanden. Interaktiver Chat? Fehlanzeige. Übermittlung sensibler Daten? Vermutlich immer noch via Fax, wie in der Coronapandemie.

Digitalisierung ist eines der tollen Modewörter wie Generation Y oder Z – jeder redet darüber, aber nur die wenigsten wissen eigentlich, um was es geht. Dabei wäre es doch so einfach: Digitalisierung ist im Grunde genommen nur eine technische Unterstützung für uns Menschen. Ganz genau, eine Unterstützung und keine Jobfressmaschine oder eine Behinderung für Menschen, die sich nicht mit dem Computer auskennen.

Der Techniker, zu denen ich mich durchaus zähle, hat den Hang, Technik der Technik halber umzusetzen. Aber das ist nicht Digitalisierung, sondern Liebhaberei. Wie Oldtimer pflegen, auch schön, aber nicht unbedingt für jeden hilfreich.

Wir müssen dem Kanton bei der Digitalisierung Feedback geben, mitteilen, wenn Prozesse nicht einfacher, sondern schwieriger werden oder wir Umsetzungen nicht verstehen. Und uns und den Kanton erinnern, dass Digitalisierung kein Selbstzweck ist, sondern uns helfen soll.
Nico Schottelius, Vorstandsmitglied Grüne Kanton Glarus

Zurück zum Kanton und dessen Digitalisierung: Was können wir mit dem neuen Digitalisierungsgesetz erwarten? Wer nun zunächst an höhere Ausgaben denkt, liegt per se nicht falsch. Denn für den Aufbau neuer Infrastrukturen braucht es, wie in jedem anderen Bereich, auch ein Investment. Doch was kommt danach?

Im besten Falle werden die Verwaltungsprozesse effizienter, der Zugang zu Informationen einfacher, die Kommunikation agiler. Prozesse, die früher Tage oder Wochen gedauert haben, sollten nur noch Stunden oder Minuten dauern. Eine neue ID beantragen? Kurz im Chat mit dem Einwohneramt Glarus Süd geklärt. Ehevorbereitungsverfahren? Videochat mit dem Kanton, Dauer zwei Stunden. Schneller geht es nur noch in Las Vegas.

Nicht nur die Effizienz steht im Zentrum, auch die Einfachheit und der Zugang. Menschen mit Sehbehinderung sollten Webseite hören können oder sie mit dem Braillegerät lesen können. Fragen zur Gesundheit können ebenso online gestellt werden und helfen, schneller die passende Hilfe zu bekommen.

Die Digitalisierung ist kein Allhilfsmittel und hat auch ihre Tücken. Häufig ist man verleitet, einfach bestehende Prozesse zu digitalisieren. Früher ein Formular, heute ein Webformular. Oder schlimmer noch: Abläufe, die notgedrungen langsam waren, ebenso langsam und auch kompliziert abzubilden.

Was heisst das nun für uns, den Otto-Normal-Digital-Bürger?

Unsere Aufgabe ist die vermutlich wichtigste: Wir müssen dem Kanton bei der Digitalisierung Feedback geben, mitteilen, wenn Prozesse nicht einfacher, sondern schwieriger werden oder wir Umsetzungen nicht verstehen. Und uns und den Kanton erinnern, dass Digitalisierung kein Selbstzweck ist, sondern uns helfen soll.

In diesem Sinne: Ich bin gespannt, wohin die Digitalisierung unseren Kanton bringt und freue mich auf Ihre Meinungen. @NicoSchottelius grüsst.