Von Regula N. Keller und Priska Müller Wahl, Co-Präsidentinnen der Grünen des Kantons Glarus

Von oben die Aussicht geniessen und den Blick über den Klöntalersee schweifen lassen. Nach der Berg- oder Biketour eine Abkühlung im erfrischenden Nass des klaren Bergsees finden und dann sich bei der Stärkung im Bergbeizli von der Ruhe inmitten der mächtigen Gebirgskulisse beeindrucken lassen: Wer träumt nicht von solchen Orten und die gibt es im Glarnerland. Und in Corona-Zeiten (mit weniger Fernreisen) werden solche Orte noch beliebter.
Die Grünen sind überzeugt: In der Glarner Tourismuspolitik braucht es ein grundsätzliches Umdenken. Und Visit Glarnerland, die touristische Vermarktungsorganisation ist deshalb vielseitig gefordert.

Denn diese Beliebtheit hat auch eine Kehrseite: Die Qualitäten dieser Orte kommen zunehmend unter Druck. Der Geheimtipp war schon lange vor Corona nicht mehr geheim. Neustens werden agglomerationsnahe Täler mit Bergseen wie das Klöntal an schönen Tagen von Massen von Tagesbesuchern fast schon heimgesucht. Hunderte von Autos, die sich die engen Strassen hinaufwinden, oben dann die verzweifelte Suche nach einem Parkplatz, Gedränge, Stress pur vor den Restaurants statt der angestrebten Erholung. Statt Wertschöpfung bleiben den Orten der Abfall und die Störungen. Die Gemeinden Glarus hat nun immerhin ein Konzept entwickelt, das bei vollen Parkplätzen am Klöntalersee vorsieht, den Zugang für den weiteren Verkehr zu sperren – aus Sicherheitsgründen. Aber wenn wir ehrlich sind: Mehr als Symptombekämpfung ist das nicht.

Wechseln wir zum Tourismusort Elm am Talende, ein Dorf das tiefer als 1000 m ü.M. liegt, Teil des UNESCO Weltnaturerbes Tektonikarena Sardona ist und mit dem Fryberg Kärpf, dem ältesten Wildasyl Europas wirbt. Nun werden dem Landrat Millionen für neue Schneekanonen als Kerninfrastruktur und zur Existenzsicherung beantragt, was der Regierungsrat trotz Vorbehalten unterstützt. Müssten nicht gerade auch im Wintertourismus angesichts der Klimaerwärmung jetzt weitsichtigere Alternativen für morgen vom Kanton und Bund gefordert und nur solche Umsetzungen finanziell gefördert werden, fragen die Grünen.
Sie erwarten vom Regierungsrat ein weitsichtigeres Handeln bei der Verteilung der Förder- und Lenkmittel. Mehr Mut, um nicht veraltete Rezepte und Symptombekämpfung zu unterstützen, damit niemand mehr Neues wagt. Die Grünen wollen, dass man neue Tourismusformen wie der «slow down tourism» prüft, bei denen der Genuss, die Entschleunigung und die Sehnsüchte der Gäste bedient werden. Im Zentrum soll die regionale Wertschöpfung statt der Umsatz stehen. Denn weniger kann durchaus auch mehr sein.

Über die Sehnsüchte der Gäste von morgen hat auch der Gastreferent am Glarner Forum für Tourismus und Freizeit gesprochen, zu dem Visit Glarnerland diese Woche eingeladen hat. Er hat darauf hingewiesen, dass zurzeit eine klare Positionierung im Glarner Tourismus noch fehlt und sagte: Die Nische muss gefunden und gemeinsam verkauft werden.

Aussicht mit Weitsicht kann für den Tourismus im Glarnerland bedeuten, dass sich die Angebote konsequenter an den natürlichen Werten der Orte orientieren und nicht alles fördern und überall zulassen. Die Grünen schlagen vor, die Förderung eines „slow down tourism“ weiterzuentwickeln. Beispielsweise könnte im Klöntal ab und zu bewusst dem Langsamverkehr den Vortritt gegeben werden, was den heutigen Verkehrsstress vermeidet. So könnte der wahre Genuss im autobefreiten Klöntal besser bewirtschaftet und die Gästebedürfnisse der Zukunft bedient werden. Der «visit» im Glarnerland könnte zu einem bleibenden Erlebnis verlängert und zu einem nachhaltigeren Geschäft entwickelt werden.