Politkolumne: Coronazeit
Von Res Schlittler, Landrat Glarus
In Zeiten der weltweiten Covid-19-Pandemie scheinen alle anderen Themen keine journalistische Relevanz mehr zu haben. Es dreht sich nur noch darum: Wo sind aktuell die höchsten Zahlen von Infizierten, Kranken und Toten; was ist gegen die Seuche zu tun und – wer hat die besten Rezepte um aus dieser Krise raus zu kommen? Viele Wissenschaftler aus diversen Bereichen der Medizin und Wirtschaft, Spezialisten, Berater sowie Politiker aller Couleurs melden sich in unzähligen Gesprächsrunden zu Wort und decken uns mit gut gemeinten Doktrinen und Ratschlägen sowie Forderungen ein, die tagtäglich die gedruckten Presseerzeugnisse füllen oder über Fernseh- und Internetkanäle flimmern. Diese zumal doch sehr widersprüchlichen Aussagen verwirren mehr, als dass sie wirklich nützen. Denn eins sollte uns gewiss sein: Das Virus ist heute noch in grossen Teilen unerforscht, die Vorgehensweisen uneinheitlich, und die Wissenschaft betritt in weiten Teilen Neuland. Eine Universallösung, ein weltweiter Masterplan, existiert nicht.
Ich versuche, dieser Zeit etwas Positives abzuringen. Als Pendler, der bisher seine Arbeit in Zürich verrichtet und in den letzten dreissig Jahren rund drei Stunden täglich im Zug verbracht hat, empfinde ich es im Moment als Privileg, von zu Hause aus zu arbeiten. Wie vielleicht Sie, habe ich die letzten sieben Wochen im Homeoffice verbracht. Ich erlebe diese Zeit im Familienkreis intensiver und bewusster. Durch den Lockdown ist in der hektischen Arbeitswelt vermehrt Ruhe eingekehrt. Auch das Umfeld scheint mir stiller und gelassener zu sein und die wenigen Stunden draussen, bei kurzen Spaziergängen oder Velotouren, tiefenentspannt zu geniessen. Positive Aspekte sind gerade auch in der Natur und Umwelt zu benennen. Nicht nur der Energieverbrauch ist deutlich gesunken, auch die Luft ist weltweit deutlich reiner und besser geworden.
Und haben Sie auch bemerkt, dass das Vogelgezwitscher intensiver und lauter scheint als in anderen Jahren? Aufgrund des deutlichen Rückgangs von Flug- und Verkehrslärm in Städten und Agglomerationen müssen sich die Vögel nicht mehr so anstrengen und sind dadurch besser zu hören. Eine Ornithologin ergänzt: «Die ungewohnten Umstände könnten, neben müheloserem Gezwitscher, auch andere Auswirkungen haben – etwa auf den Bruterfolg.» Also mehr Jungvögel. Gut so. Denn aufgrund des milden Winters müssen wir in diesem Jahr auch mit einer Wespenplage rechnen. Mehr Vögel wären dann eine Lösung gegen das vermehrte Auftreten von allerlei Insekten.
Was lernen wir daraus? Die Kräfte der Welt regeln sich selbst. Diese Erkenntnis auf die aktuellen Überkapazitäten in der Flugzeugbranche übertragen, hiesse, dass die aktuelle Krise selbstregulierend zu einer Bereinigung innerhalb der Airlines führen würde. Das Fliegen wird in Zukunft wohl teurer, die Anzahl geflogener Kilometer tiefer und damit quasi als Nebenprodukt der Coronakrise eine Reduktion des CO2-Ausstosses erreicht. Weitere Gedankenspiele sind erlaubt und überlasse ich gerne Ihnen.