Von Priska Müller Wahl, Grüne Landrätin aus Niederurnen

Sind sie auch stolz, dass unser Kanton noch viel schöne und intakte Natur hat? Auch der Regierungsrat streicht in seiner Vision die Glarner Naturwerte als wichtiges Kapital hervor. Umso mehr erstaunt mich, dass der gleiche Regierungsrat die gesetzlichen Grundlagen schaffen will, um die Wildruhezonen zu reduzieren. Lässt er sich vom attraktiv klingenden Titel des Bürgervorstosses „Wildschutz mit Augenmass“ blenden? Denn erst im Herbst 2016 hat der Regierungsrat nach mehrjährigem Aushandlungsprozess mit allen Nutzern 32 Wildruhezonen in Kraft gesetzt. Es macht doch keinen Sinn, diese schon wieder anzupassen, bevor man etwas über die Wirkung sagen kann.

Zudem sind diese Naturwerte ein wertvolles Verkaufsargument für den Glarner Tourismus. Das ist heute so und wird in Zukunft immer wichtiger werden. Ein naturnahes Tourismusangebot darf sich aber nicht nur so nennen, sondern muss auch konsequent umgesetzt werden; d.h. Wildruhezonen und Routen für den naturnahen Tourismus sollen nebeneinander vorkommen: Es braucht Raum für tolle Touren-Angebote und auch Raum für den Weiterbestand der seltenen Tierwelt. Für störungsanfällige Wildtiere wie die Rauhfusshühner verringern schon geringe Störungseinflüsse weniger Tourengänger die Überlebenschance beträchtlich. Deshalb braucht unser Kanton unbedingt alle bestehenden Wildruhezonen. Nur so haben langfristig alle etwas davon.

Schauen Sie die bestehenden Wildruhezonen deshalb aus folgender Verhältnismässigkeit an: Für Erholungssuchende, die auf den Wegen gehen, gibt es kaum Einschränkungen, für die Wildtiere resultiert jedoch ein grosser Gewinn. Oder wollen Sie die Überlebensoasen unserer Wildtiere für wenige Freizeitnutzer opfern?

Es ist fortschrittlicher und entspricht modernen Tourismuskonzepten, wenn wir den „grössten Anteil an Wildschutz- und -schongebieten“ als Vorbildkanton für den sanften, nachhaltigen Tourismus vermarkten. Wir könnten mit Stolz als Naturkanton auftreten, der eine Entflechtung fördert und die verschiedenen Bedürfnisse von Mensch und Natur achtet. „Kommt zu uns, bei uns müssen Touristen kein schlechtes Gewissen haben“. Visit Glarnerland nachhaltig.

14_sogl_76_2020-01-17